4. April 2022

Redebeitrag zur Plenarsitzung zu Tagesordnungspunkt 1f, Einzelplan 05 – Ministerium der Justiz

Sehr geehrter Frau Präsidentin,
verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der Plan ist gewohnt nüchtern und sachlich.

Wir sind aber froh, dass Sie, Herr Minister Mertin, erkennen, dass es zu einer Stellenmehrung in der Justiz und zu einer Ausstattungsverbesserung kommen muss, um die künftigen Aufgaben zu bewältigen. Auch der Pakt des Rechtsstaates hat dazu beigetragen, die Personalsituation zu ver-bessern. Dies ist ein erster richtiger Schritt, dem weitere folgen müssen, um dies zu verstetigen. Gerichtsprozesse, die überlang dauern oder gar abgebrochen werden müssen, weil Ersatzrichter fehlen oder Angeklagte, die deshalb sogar freikommen, gefährden das Vertrauen unserer Bevöl-kerung in die Justiz und damit in unseren Staat.

Neben unserer Polizei ist eine personell und materiell gut ausgestattete Justiz für die Sicherheit unserer Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer unabdingbar. Unser liberaler Rechtsstaat ist ein hohes Gut, das wir immer wieder verteidigen müssen. Gerade in der jetzigen Zeit erfahren wir besonders schmerzhaft, dass Rechtsstaatlichkeit eben keine Selbstverständlichkeit ist. Ver-trauen in die Gerichte ist Grundvoraussetzung für das Empfinden unserer Bürgerinnen und Bür-ger, dass es in unserem Land gerecht zugeht.

Auch für unsere Wirtschaft ist eine gut und schnell funktionierende Justiz von großer Bedeutung. Umso mehr fällt dann auf, dass die Zivilverfahren von 2010 bis 2020 um rund 35 % gesunken sind und dies nicht nur in Rheinland-Pfalz. Da stellt sich schon die Frage, woran liegt das? Gibt es kein Bedürfnis in Gesellschaft und Wirtschaft oder wurde das Bedürfnis nicht befriedigt? Gibt es eine Gerechtigkeitslücke? Gehen die Zahlen weiter zurück? Ich glaube, dass es wichtig ist, auch solche Kennzahlen im Auge zu behalten und zu hinterfragen und ich bin froh, dass es auf Bundesebene eine Untersuchung dazu gibt.

Natürlich freuen wir uns, wenn die Verfahrensdauer der Gerichtsverfahren sinkt, wie zuletzt in 2021 die Verfahren der Verwaltungsgerichte und die Asylverfahren, allerdings darf dies kein Ein-maleffekt sein. Wenn man sich freut, dass die Verfahrensdauer der Verwaltungsgerichte von 2020 zu 2021 von 10,4 Monate auf 6,7 Monate gesunken ist und Rheinland-Pfalz nun an der Spit-ze in Deutschland steht, so sollte auch darauf zurückgeblickt werden, dass die Verfahrensdauer 2010 4,6 Monate betrug.

Corona, Enchrochat-Verfahren, Meldepflicht bei Hasskriminalität im Internet oder auch die an-stehende Grundsteuerreform sind möglichst frühzeitig zu berücksichtigen. Erfolgt dies nicht, so verlieren wir schnell das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger.

Lassen Sie mich mit einem Zitat von unserem obersten Verfassungshüter, unserem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Lars Brocker, schließen: „Wenn ich die Losung ausgebe, ich will mehr Wind- und Solarenergie, dann ist klar, dass dann auch die Verfahren stärker werden“ und dies gilt, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit auch für unser Handeln hier im hohen Haus.